Ansem-Bericht 1
Mein Leben opferte ich der Wissenschaft, nur um den heißen Wissensdurst zu stillen, der mich innerlich zerriss...
Jede neue Erkenntnis war ein himmlisches Gesöff, das mir sanft die Kehle hinunterfloss. Mein Wissen soll den Frieden auf dieser Welt für immer wahren und niemand soll meine Absichten je hinterfragen. Das Volk nennt mich weise...
Und doch gibt es wissen, zu dem Zugang mir verwehrt ist...
Einen finsteren Ort, in dem das Dunkle schlummert, findet man in jedem Herzen... Und sei es noch so rein und sauber.
Was mag der Auslöser dafür sein, dass dieses schwarze Fleckchen zu einem üblen Geschwülst heranwächst, das mit beängstigender Geschwindigkeit das lichte Rein erstickt? Viel zu oft schon, musste ich mit ansehen, wie das Dunkle die Oberhand gewinnt und dem Licht das Leben aushaucht... Finsternis... Dunkelheit... Sind sie der Vergänglichkeit unterlegen? Oder währen sie gar ewig...?
Als Regent dieser kleinen Welt, obliegt es mir, dies in Erfahrung zu bringen. Damit ihnen Einhalt geboten wird. Bevor sie diese Welt mit ihrer Schwärze überschatten und den Frieden gefährden...
Die Dunkelheit, im Herzen der Menschen, die auf ihre Gelegenheit lauert. Ihre wahre Gestalt gilt es zu offenbaren...
Beizeiten werde ich verschiedene Experimente durchführen...
Versuch 1:
Extraktion des Dunklen aus dem menschlichen Herzen.
Versuch 2:
Implantation in ein reines und unbeschmutztes Herz.
Versuch 3:
Repression und Züchtung...
Doch als ich Hand anlegte... an das Herz der Versuchsperson, zerfiel es, wie ausgebranntes Holz, das zu brüchiger Asche wurde...
Selbiges Phänomen trat bei Probanden mit starker Willenskraft und starkem Herzen auf. Ihre Herzen sind so schwach und zerbrechlich. All meine Behandlungen scheiterten. Ihre Herzen sind verloren. Für immer. Doch niemand darf sie je zu Gesicht bekommen. In den unterirdischen Kerkern sollen sie ihr Dasein fristen...
Einige Zeit später entdeckte ich merkwürdige Existenzen in den unterirdischen Verliesen. Woher stammen diese schwarzen Lebewesen...? Wenn es denn tatsächlich Lebewesen sind... Gebärte sie die Dunkelheit?
Oder sind es die jämmerlichen Schatten derjenigen, die ihr Herz verloren haben?
Die Schatten, die sich in den unterirdischen Verliesen in der Dunkelheit winden... Abkömmlinge derer, die ihre Herzen vergeudeten? Gar die materialisierte Dunkelheit ihrer Herzen?
Antworten...
Sicher ist, dass ihnen jegliche Form der Emotion fehlt und sie keinerlei Anzeichen von Gefühlen zeigen. Vermutlich steht das Rätsel ihrer Existenz in Zusammenhang mit dem Geheimnis der Herzen...
Weitere, gründlichere Untersuchungen sind erforderlich. An Proben wird es mir wohl nicht fehlen.
Ihre Anzahl steigt explosiv...
Es bedarf eines besonderen Namens, um diese Kreaturen zu kennzeichnen.
Verloren sind ihre Herzen in der Dunkelheit...
Ein Leben ohne Herz.
Ihr besitzt kein Herz und seid herzlos...
So taufe ich euch auf den Namen "Herzlose".
Sie scheinen immer in Gruppen zu erscheinen und ihre Anzahl steigt rapide.
Sie besitzen eine Vorliebe für alles Lebende. Totes scheint sie nicht zu interessieren. Der lebenden Probe wird etwas ausgesaugt, wodurch sich die Herzlosen weiter vermehren. Die Probe löst sich danach in Luft auf. Was ist es, was sie der Probe entnehmen...?
Ich vermute, dass sie die Herzen ihrer Opfer aufsaugen. Dort, wo die Menschen ihre Herzen verloren und vergessen haben, erblicken sie die Dunkelheit der Welt und ernähren sich von den Herzen der noch Lebenden. Wie, ist noch unklar...
Ich brauche Beweise, die meine Hypothese stützen... Ich werde sie mit noch mehr lebenden Herzen füttern. Ich muss noch mehr über ihr Verhaltensmuster in Erfahrung bringen. Zwar sind sie emotionslos, scheinen dennoch intelligente Lebewesen zu sein. Ihre Kommunikationsweise ist mir noch unklar.
Manchmal denke ich, sie sind das, wonach ich jahrelang vergebens gesucht habe.
Das Dunkle selbst, das in so vielen Herzen schlummert.
Etwas Unglaubliches ist vorgefallen. Ich hatte einen Besucher aus einer anderen Welt. Ein König. Er reiste auf einem Schiff, das aus dem selben Material wie die Sternschnuppen bestand. "Gumisteine", hat er sie genannt...
Die von mir geöffnete Tür ermögliche nun das Reisen zwischen den Welten, sagte er...
Er sprach von vielerlei Dingen. Dinge, von denen ich noch nie gehört hatte.
Von einem "Schlüsselschwert" war die Rede. Ein Schlüssel, der der Legende nach eine besondere Kraft besaß. Einen Helden soll es gegeben haben, dem das Schlüsselschwert vermacht ward.
Erlösung und Chaos brachte er über die Welt...
Was hat es mit diesem dubiosen Schlüsselschwert auf sich?
"Schlüssel"... Die Macht zu öffnen und Zugang zu erhalten...
Zweifelsohne besteht ein Zusammenhang zu meiner gefundenen Tür.
Ich isolierte einen Herzlosen und beobachtete ihn.
Mit seinen fühlerähnlichen Rezeptoren schien er schon bald etwas zu wittern, und er drang zielstrebig ins Schlossinnere vor... Im innersten Teil des Schlosses angekommen, bewegte er plötzlich wie wild seine beiden Rezeptoren...
Und aus dem Nichts trat eine Tür in Erscheinung. Wie hätte ich je auch nur ahnen können, dass sich solch eine Tür in meinen Gemächern verborgen hält.
Ein großes Schlüsselloch war zu sehen.
Die Tür ließ sich ohne weiteres öffnen...
Noch immer kann ich nicht begreifen, was meine Augen dort sahen. Eine gigantische energiegeladene Masse... Ich wage nicht daran zu denken, was es sein könnte. In dieser Nacht konnte ich eine Vielzahl von Sternschnuppen beobachten, die den Himmel schmückten.
Ein Geschenk zu meiner triumphalen Entdeckung? Oder stehen sie gar in Zusammenhang mit dem Öffnen der Tür?
Hinter der Tür, die der Herzlose zum Vorschein brachte, befand sich eine große, gewaltige, energiegeladene Masse. War diese sein Ziel? Zumindest gehe ich davon aus...
Um was für eine Form von Energie handelte es sich?
Ich stelle, basierend auf dem Verhalten des Herzlosen, eine gewagte Theorie auf:
Die Herzlosen...
Ihre einzige Nahrungsquelle sind die lebenden Herzen. Die gigantische Energiemasse könnte ebenfalls ein Herz sein. Nur wessen Herz ist es? Ist es das Herz der Welt? Beweisen kann ich es nicht. Aber die unglaubliche Kraft, die von dieser Masse ausging, ist mit Beweis genug.
Ich habe das Herz der Welt gefunden.
Nicht nur die Herzen der lebenden Menschen wollen die Herzlosen fressen. Selbst der Welt wollen sie ihr Herz entreißen.
Vermutlich ist es das eigentliche Ziel, das die Herzlosen verfolgen.
Was würde dann passieren? Die Konsequenzen wären unabsehbar.
Was ist ihre Absicht?
Die vermeintlichen Sternschnuppen, die ich vor kurzem beobachtete...
Einige davon fielen mir in die Hände. Sie üben eine seltsame Anziehungskraft aus. Ich werde sie untersuchen...
Ihr Material ist mir völlig fremd. Sie haften aneinander, wenn man sie nur leicht zusammenhält. In keiner Literatur ist von solch einem Material die Rede. Ob das Öffnen der Tür zum Herabfallen dieser merkwürdigen Steine geführt hat? Ob in dieser unendlichen Weite, die diese Welt umgibt, viele solcher Steine umherschwirren?
Wie gern würde ich gen nächtlichen Himmel fliegen, um die Wahrheit zu erfahren.
Hinter diesem dunklen, nächtlichen Firmament muss es noch andere Welten geben. Meine Neugier zerreißt mich.
Aber ich sollte mich von solch unwissenschaftlichen Träumereien abwenden...
Zur Zeit gibt es keine Möglichkeit, diese Welt zu verlassen. Ich und all die, die hier leben, sind Gefangene dieser kleinen Welt...
Dass die Herzlosen in engem Zusammenhang mit dem Herzen stehen, liegt auf der Hand.
Durch eingehendere Untersuchungen sollte es mir möglich sein, ihr Wesen näher zu bestimmen, ihre Absichten auszumachen und gleichzeitig Einblick in das komplexe Konstrukt eines Herzens zu erhalten. Ich entwickelte ein Gerät, mit dem sich Herzlose künstlich herstellen ließen.
Die verlorenen Herzen meiner Versuchspersonen führten zur Autogenese der Herzlosen. Ich wandte also dasselbe Prinzip an, um sie künstlich herzustellen. Dafür verwendete ich mein neu entwickeltes Gerät.
Zuerst erschuf ich Prototypen. Die Herstellung verlief reibungslos. Weitere Verbesserungen sollten es ermöglichen, aus dem Nichts, auch ohne einem Herzen, einen Herzlosen zu erzeugen.
Es ließen sich keinerlei Unterschiede zwischen den künstlichen Herzlosen und seinem natürlichen Artgenossen ausmachen. Doch sollte ich beide streng voneinander trennen, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen.
Der künstliche Herzlose soll ein Kennzeichen zur Erkennung tragen.
So wie die Menschen ein Herz besitzen, hat auch die Welt ihr eigenes Herz. Alle Welten, an diesem Sternenhimmel, haben ein Herz, zu dem man Zugang erhält, sobald sich die Tür dorthin geöffnet hat.
Auf diese Herzen haben es die Herzlosen abgesehen.
Die Herzlosen. Entstanden aus der Dunkelheit der Herzen. Es dürstet sie nach immer größeren Herzen...
Es ist alles so einleuchtend... Ausgeburten der schwarzen Herzen. Das Herz ist die Wiege der Dunkelheit. In der Tiefe des Herzen, herrscht die Dunkelheit und mit ihr die Herzlosen.
Jedoch fehlt mir die Gewissheit. Die Ungewissheit nagt an meinem Herzen. Ich muss es wissen. Die Wahrheit über die Herzen. Das Herz der Welt muss ich berühren, um Gewissheit zu erlangen.
Um mich von der räudigen Ungewissheit auf ewig zu trennen.
Das einzigartige Schlüsselschwert und seinen Helden gilt es zu finden.
Und die Prinzessinen...
Doch zu zerbrechlich ist mein Körper, um das Geheimnis der Dunkelheit zu erfahren. Ich muss es tun... Mich meines Körpers entledigen.
Um einzutauchen, in die Tiefe der Dunkelheit.
Öffnet man eine Tür, die das Herz der Welt beinhaltet, so wird die Schutzhülle um diese Welt zerstört. Wir nehmen dieses Ereignis als Sternschnuppenhagel wahr.
Abgesehen davon, habe ich nun verstanden, wieso man mit Hilfe der Gumi-Steine dazu in der Lage ist in andere Welten zu gelangen.
Der Grund der Zerstörung einer Schutzhülle ist das Erscheinen der Herzlosen, doch um eine Tür finden zu können, benötigt man viel Zeit. Und das Stehlen eines Herzens einer Welt ist ein ähnlicher Fall.
Wenn die Tür von einem Schlüssel, bekannt als Schlüsselschwert, geschlossen wird, ist man vermutlich nicht mehr dazu in der Lage das Herz der Welt jeweils wieder zu erreichen. Bevor der Held mit dem Schlüsselschwert auf dieser Welt erscheint, muss ich entsprechende Maßnahmen ergreifen. Ich vermute, dass die Prinzessinen in starker Relation zu dem Schlüsselschwert stehen. Es scheint so, als ob sie aufeinander reagieren...
Ich habe ein besonderes Mädchen auserkoren. Ich bin mir nicht sicher, ob sie dieselbe Macht wie die der Prinzessinen besitzt. Doch hier sehe ich eine Chance und dies ist schließlich ein Experiment. Sie könnte mich zu dem Ort führen, wo der Held mit dem Schlüsselschwert ist...
Ich sollte sie zum Ozean der anderen Welten schicken.
Ich bin zu einer anderen Existenzform übergetreten. Ich sollte als Herzloser wiedergeboren werden, doch es zeigen sich keinerlei Anzeichen jeglicher Transformation.
Mein Körper ist nicht mehr. Doch bin ich anders als die anderen Herzlosen, da ich immer noch meine Erinnerungen an damals habe und auch habe ich nicht die Gestalt eines Herzlosen angenommen. Es ist offensichtlich, das es weiterer Experimente bedarf.
Damit ich zur dunklen Seite übertreten kann, die nicht diese Welt darstellt, muss man das Tor zu Kingdom Hearts öffnen, einem Ort, das mit dem Herzen der Welt verbunden ist.
Der innerste Teil dieses Ortes ist mit der Welt der Dunkelheit verbunden. (Die Details werde ich in einem anderen Bericht festhalten...)
Es gibt immer noch soviele unbekannte Welten.
Die gegenwärtige Welt.
Die Welt der Dunkelheit.
Die Welt des Lichts.
Und die Welt dazwischen.
Ich frage mich, wo liegt hier das wahre Paradies?
Ansem-Bericht 13
Wenn das Herz den Körper verlässt, wo mag der Körper hingehen?
Herz und Seele sind voneinander getrennt und der Geist bleibt im Körper zurück. Doch können wir wirklich annehmen, dass der zurückgelassene Körper und die Seele zerstört werden?
Sicher ist, dass sich der Körper auflöst, wenn sich das Herz zu einem Herzlosen wandelt.
Doch ist dieses Geschehen aus der Sicht der gegenwärtigen Welt; kann es nicht sein, dass sie in einer anderen Welt ihre Form nicht verändern und dort weiter existieren?
Nehmen wir dies zur Annahme, so muss zu jedem Herzlosen ein paralleles Ich existieren.
Eine Existenzform, die weder in der Welt des Lichtes noch in der Welt der Dunkelheit ihren Platz findet. Eine Existenz zwischen diesen Welten.
Losgelöst vom Herzen, eine bloße Hülle, weder zum einen noch zum anderen gehörend.
Dieses Geheimnis wird nicht leicht zu lüften sein...
Die Beziehung zwischen Herz und Fleisch ist sehr kompliziert.
Doch da wir hier existieren, können sie dort nicht als existent bezeichnet werden.
Deshalb nenne ich sie von nun an "Die Nichtexistenten."
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